Ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen

Die Lebenshilfe Esslingen betreut in Ruit zwei inklusive Wohngemeinschaften, in denen Menschen ohne und mit Handicap leben. Sie sollen ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen können.

Vor etwas mehr als einem Jahr hat die Lebenshilfe Esslingen in Ruit zwei inklusive Wohngemeinschaften eröffnet. Dort leben jeweils zwei Menschen mit Unterstützungsbedarf mit zwei Personen ohne Einschränkung zusammen. Neben der in einer Wohngemeinschaft üblichen gegenseitigen Hilfe erhalten die Bewohner mit einem Handicap zusätzlich eine ambulante Begleitung durch Mitarbeiter der Lebenshilfe. Der für den Aufgabenbereich des ambulant begleiteten Wohnens (ABW) zuständige Teamleiter Bastian Burger erläuterte in der jüngsten Sitzung des Verwaltungsausschusses das Prinzip des inklusiven Wohnens und berichtete von den Bemühungen, die Integration in das Stadtteilleben unter Pandemie-Bedingungen zu organisieren.
Die Lebenshilfe hat in einem Wohnkomplex mit Gemeinschaftsgarten des Siedlungswerks in Ruit zwei große Wohnungen angemietet. Dort leben jeweils zwei Personen mit und ohne Unterstützungsbedarf zusammen. Jeder Bewohner hat ein eigenes Zimmer, es gibt einen Wohn- und Essbereich mit offener Küche, zwei Bäder mit Toilette und einen Balkon.
„Im Prinzip sind unsere Wohngemeinschaften organisiert wie jede andere WG auch. Es werden Listen mit den Aufgaben im Haushalt geführt, es gibt eine gemeinsame Kasse für die Anschaffungen des täglichen Bedarfs, es müssen Absprachen getroffen werden, zum Beispiel zu Ruhezeiten oder zur Waschmaschinennutzung. 14-tägig gibt es WG-Gespräche, da ist dann ein Mitarbeiter der Lebenshilfe dabei“, berichtete Burger.
Der inklusive Charakter der Wohngemeinschaften werde durch das selbstverständliche Zusammenleben von Menschen mit und ohne Unterstützungsbedarf beschrieben. „Die Bewohner ohne Unterstützungsbedarf helfen ihren Mitbewohnern vor allem am Wochenende und stehen auch sonst als Ansprechpartner zur Verfügung. Sie verbringen Freizeit zusammen, kochen mal miteinander, unternehmen Ausflüge oder veranstalten Spieleabende“, sagte Burger. Dafür erhalten sie eine Aufwandsentschädigung. Doch die WG-Bewohner mit Behinderung erhalten auch im Alltag Unterstützung durch Mitarbeiter der Lebenshilfe. Die Kontakte finden je nach individuellem Hilfebedarf in unterschiedlicher Häufigkeit und Dauer statt. „Wir treffen jeden von ihnen aber auf jeden Fall zweimal pro Woche für eineinhalb bis zwei Stunden“, sagte Burger. Die Assistenz betreffe etwa Fragen der Haushaltsführung, das Einkaufen und Kochen, die Freizeitgestaltung, den Umgang mit Geld oder auch die Begleitung bei einem Arztbesuch. „Wir unterstützen die Menschen dabei, ein möglichst selbstbestimmtes Leben nach ihren eigenen Vorstellungen führen zu können“, fasste Burger zusammen.
Während sich die Inklusion innerhalb der WGs und auch im Haus problemlos gestalte, sei die Integration in das Leben des Stadtteils wegen der Corona-Pandemie nur eingeschränkt möglich. „Sobald die Lage es erlaubt, soll das aber forciert werden“, kündigte Burger an. Neben der Teilnahme an Veranstaltungen soll nach Vereinen und Angeboten gesucht werden, die den Interessen der Menschen mit Handicap entsprechen und bei denen sie mit weiteren Menschen aus dem Stadtteil zusammenkommen.
Wie Burger auf eine Nachfrage aus dem Gremium hin berichtete, sind die Bewohner ohne Handicap – junge Leute in Ausbildung, darunter auch ein Geflüchteter – mit Begeisterung bei der Sache. Doch die Suche nach geeigneten Personen sei nicht ganz einfach gewesen. „Die Mitbewohner sollen eben nicht nur an günstigem Wohnraum interessiert sein, sondern auch die Idee der Gemeinschaft mittragen“, sagte er. Bei den beiden Wohngemeinschaften in Ruit soll es nicht bleiben. Aktuell suche die Lebenshilfe nach kleineren Wohnungen für Einzelpersonen und Paare, die ambulant betreut werden, sagte Burger.
Quelle: Stadtrundschau Ostfildern